Quicklinks - (Recht-)Schreibenlernen im Anfangsunterricht

(Recht-)Schreibenlernen im Anfangsunterricht

Die Schuleingangsphase ist entscheidend, um Kindern den Zugang zur Schrift und Rechtschreibung zu eröffnen. Dabei knüpft das Lernen an die zuvor entwickelten Fähigkeiten an. Beim Lesen- und Schreibenlernen werden neue Fähigkeiten wie Abstraktion, Feinmotorik und das Verständnis für gesprochene und geschriebene Sprache gefordert. Schrift beeinflusst nicht nur das Denken, sondern auch das Sprechen.

Im Anfangsunterricht unterstützen praktische Tipps die Lehrkräfte bei dieser wichtigen Aufgabe. Der Erwerb von Schriftsprache und Rechtschreibung geht Hand in Hand und ist bereits in der ersten Klasse von großer Bedeutung. Ein guter Unterricht fördert die Fähigkeit der Kinder, selbstständig Texte zu verfassen und gleichzeitig die Rechtschreibphänomene zu erkunden und zu verstehen.

Kontinuierliche Beobachtung in Klasse 1

Für optimales Lernen und frühzeitiges Erkennen besonderer Lernbedingungen sind kontinuierliche Beobachtungen im Unterricht wichtig. Vorstrukturierte Aufgaben und Diagnoseinstrumente unterstützen dabei, geeignete Zugänge und gezielte Hilfen zu bieten.

Schulanfangsbeobachtung

In den ersten Wochen nach Schulstart erleben Kinder, wie der Unterricht ihre bisherigen Schrift-Erfahrungen integriert. Schule sollte daher als Lernort, nicht als Prüfungsumfeld, erfahren werden. Die Schulanfangsbeobachtung unterstützt individuelle Lernwege mit  Aufgaben wie „Das Leere Blatt“ und „Memory mit Schrift“, welche den Lehrkräften wertvolle Einblicke bieten.

Zwei Kinder erhalten ein großes Blatt Papier und dürfen darauf schreiben, was sie möchten. Jeder nutzt einen andersfarbigen Stift. Ohne weitere Vorgaben arbeiten sie auf einem Blatt von mindestens DIN-A3-Größe. Die Lehrkraft beobachtet das Paar aus der Nähe und notiert ihre Beobachtungen. Diese unmittelbare Beobachtung liefert wertvollere Erkenntnisse als die reine Analyse des Endergebnisses.
Beim „Memory mit Schrift“ ziehen Kinder Memorykarten in Paarkombinationen — eine ohne und eine mit Schrift. Die Kinder wechseln sich ab, selbst bei einem gefundenen Paar, und spielen zweimal, um Lerneffekte sichtbar zu machen. Die Lehrkraft gewinnt Einblicke in Lesefähigkeit und Schriftverständnis der Kinder. Auch ohne Lesefähigkeit können Kinder durch das Merken der Kartenpositionen erfolgreich sein. Schrift kann den Spielpartnerinnen oder Spielpartnern neue Lerngelegenheiten eröffnen und Einblicke in die Wort-Bild-Korrespondenz bieten.

Gezielte Beobachtung erfordert Planung: ein separater Tisch und feste Zeiten, beispielsweise montags nach der ersten Pause, während andere Kinder selbstständig arbeiten. In Zweiergruppen fällt das Lernen leichter, und Lehrkräfte können wichtige Aspekte wie Schriftverständnis und Umgang beobachten. Individuelle Lernangebote ergeben sich aus drei Fragen: (1) Was kann das Kind schon?, (2) Was muss es noch lernen?, (3) Was ist der nächste Schritt?

Systematische Beobachtung der Lernentwicklung

In der ersten Klasse lassen Lehrkräfte Kinder regelmäßig Wörter wie „Sofa“, „Mund“ und „Turm“ schreiben, um ihre Schriftentwicklung zu beobachten. Diese Wörter stellen unterschiedliche rechtschreibliche Herausforderungen dar. Durch die Analyse der Schreibweisen können Lernfortschritte und Schwierigkeiten frühzeitig erkannt werden.

INFO

Wichtige Bewertungskriterien sind:

  • Regelmäßige Buchstabennutzung
  • Orientierung an relevanten Sprachmustern
  • Phonematisch richtige Schreibungen
  • Experimente mit orthografischen Elementen

Fehler in den ersten Schreibversuchen sind normal und bieten Einblicke in das Denken der Kinder. Sie sind wichtig für die Entwicklung und helfen beim Erkennen von Fortschritten oder Schwierigkeiten. Frühe Beobachtung zeigt, ob Kinder orthografische Prinzipien verstehen. In höheren Klassen deuten unsystematische Markierungen auf fehlende rechtschreibliche Orientierung hin.

Lernfelder des frühen (Recht-)Schreibunterrichts

Ein wesentlicher Bestandteil des frühen Schreibunterrichts ist das Kennenlernen unseres Zeichensystems und das effiziente Schreiben der Buchstaben. Statt nur Aufgaben anzukreuzen und zu sortieren, steht intensives Üben von Buchstaben und Wörtern im Fokus. Im Folgenden werden vier Lernfelder vorgestellt, die von Beginn an für einen umfassenden Schreibunterricht wichtig sind.

Bei der Erarbeitung eines Graphems sollten verschiedene Facetten berücksichtigt werden: Kinder hören den Laut, erkennen das Graphem in Wörtern und üben das Schreiben. Wichtige Kontexte wie Zungenbrecher oder Lieder unterstützen diesen Prozess. Dadurch werden visuelle, lautanalytische und motorische Zugänge verknüpft und das mehrfache Schreiben gefördert.
Kinder sollten von Anfang an ihre Gedanken und Gefühle schriftlich ausdrücken können. So erleben sie die kommunikative Funktion der Schrift und die Relevanz der Rechtschreibung. Zu Beginn der Schulzeit können sie Briefe für den Elternabend verfassen oder mit ihrem Namen arbeiten. Geschichten zu Tier-Stempeln, dem Klassentier oder Figuren aus Büchern können ihre Kreativität wecken.
Das Rechtschreiblernen basiert darauf, dass Kinder korrekt geschriebene Wörter genau betrachten. So verstehen sie den Zusammenhang zum gesprochenen Wort und entdecken orthografische Strukturen. Dabei lernen sie, zwischen Nachdenk- und Merkwörtern zu unterscheiden. Mögliche Übungen zur Förderung sind etwa das Tafeldiktat, das Memory mit Schrift oder das Kreuzworträtsel.
Bereits im Anfangsunterricht sollten Kinder in kurzen, regelmäßigen Rechtschreibgesprächen über wichtige Wörter nachdenken. So werden sie auf rechtschriftliche Phänomene aufmerksam und lernen, einfach zu schreibende Wörter von schwierigen zu unterscheiden. Die Kinder diskutieren über Wortstrukturen und lernen so voneinander. Typische Fragen sind: Was fällt mir leicht oder schwer? Woran erinnert mich die Schreibweise? Wo liegt das Problem im Wort? Welchen Trick kann ich anwenden?

Frühe Hilfen im Kontext von Diversität

Im Anfangsunterricht ist es wichtig, allen Kindern vielfältige Erfahrungen mit Schrift zu ermöglichen. Besonders Kinder, die vor der Schule wenig Kontakt mit literalen Praktiken hatten, benötigen im Unterricht sinnvolle und persönliche Erlebnisse im sozialen Klassenkontext.

Auch Kinder mit anfänglichen Lernschwierigkeiten oder geringen Fortschritten brauchen frühe Förderung. Diese sollte nicht in isoliertem Training bestehen, sondern auf den Fähigkeiten der Kinder aufbauen. Der Fokus auf vorhandenes Können stärkt das Selbstvertrauen der Kinder und unterstützt ihren Lernprozess.

Diktierendes Schreiben

Das diktierende Schreiben bietet Kindern mit Schreibschwierigkeiten eine wertvolle Möglichkeit, an der Schriftkultur teilzuhaben. Hierbei diktiert das Kind der Lehrkraft seinen Text, die ihn laut und genau aufschreibt. Dies fördert das Verständnis von Schriftstrukturen und bietet ein Modell für richtiges Schreiben.

Das Kind beobachtet und hört zu, wodurch es Details wie Schreibrichtung und Buchstaben-Laut-Verbindungen besser erfassen kann. Der Erwachsene kann dabei unauffällig sprachliche Fehler korrigieren, was hilfreiches Feedback liefert. Um die Lernerfahrung zu vertiefen, kann das Kind bekannte Buchstaben im Text markieren oder wichtige Sätze abschreiben, z. B. in eine Sprechblase. Solche Aufgaben unterstützen die Vernetzung der neu gewonnenen Erkenntnisse.

Eine Initiative von

nrw-ministerium-bildung
uni-hannover
tu-chemniz