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Vorläuferfähigkeiten

Die Vorläuferfähigkeiten stellen eine bedeutsame Voraussetzung für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb von Kindern dar. 1U.a. Küspert, P. & Schneider, W. (1999). Hören, lauschen, lernen, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen. Glück, C. W. & Theisel, A. (2014). Allgemeiner Überblick zum System der sonderpädagogischen Förder- und Bildungsangebote für sprachbeeinträchtigte Kinder in Deutschland. In M. Grohnfeldt (Ed.), Grundwissen der Sprachheilpädagogik und Logopädie (pp. 367–373). Stuttgart: Kohlhammer Die Förderung der einzelnen Vorläuferfähigkeiten ist eine zentrale Aufgabe im Elementar- und Primarbereich.

Vorläuferfähigkeiten im Lehrplan Deutsch NRW.
Vorläuferfähigkeiten im Lehrplan Deutsch NRW.

Vorläuferfähigkeiten werden bereits im frühen Kindesalter geprägt, lange bevor die Kinder Lesen und Schreiben lernen. Dieser Prozess ist zum Zeitpunkt des Schuleintritts sehr individuell vorangeschritten und hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Vorerfahrungen mit (Schrift-) Sprache sind wichtig für die Entwicklung der späteren Lese- und Schreibfähigkeiten eines Kindes. Eine umfassende Förderung der Vorläuferfähigkeiten bildet eine Basis und hilft den Lernenden, das System Schriftsprache sicherer zu meistern.

„Die Förderung der sogenannten Vorläuferfähigkeiten des Schriftspracherwerbs hilft dabei, Lernende an den Schriftspracherwerb heranzuführen. Für das spätere Lesen ist eine gute Ausbildung der Vorläuferfähigkeiten zu Beginn des Schriftspracherwerbs eine wichtige Grundlage.“ (Jambor-Fahlen, 2018, S.1)

Die phonologische Bewusstheit ermöglicht es zunächst, den lautlichen Aufbau gesprochener Sprache mental zu analysieren. Dadurch können Kinder klare phonologische Unterschiede zwischen ähnlich klingenden Lauten erkennen und Bedeutungsunterschiede identifizieren (z.B. /b/ versus /p/).
Das phonologische Arbeitsgedächtnis hat die Aufgabe, lautsprachliche, d.h. phonologische Informationen zu speichern und parallel weiterzuverarbeiten.
Die Benennungsgeschwindigkeit, in internationalen Studien auch als „RAN“ (Rapid Automatized Naming) bezeichnet, ist ebenfalls wichtig für den Leseerwerb. Sie gibt an, wie schnell eine Person eine Folge von Symbolen (z.B. Buchstaben, Zahlen, Farben) visuell verarbeiten und dann benennen kann. Sie ist eine zentrale Vorläuferfähigkeit für die Automatisierung der Worterkennung.
Wortbewusstheit ist auf der nächstgrößeren Ebene verortet. Sie umfasst die Möglichkeit, nicht nur Laute, sondern ganze Wörter als einzelne Bestandteile der gesprochenen und geschriebenen Sprache zu erkennen.
Auf der Ebene ganzer Sätze ist die syntaktische Bewusstheit eine ebenso wichtige, aber eher unbekannte Vorläuferfähigkeit. Sie bezeichnet die Fähigkeit, beim Lesen syntaktische Elemente zu erkennen und beim Sprechen oder Schreiben syntaktische Mittel bewusst zu nutzen, z.B. das Bilden und die Umstellung von Sätzen. Zwar ist diese Fähigkeit besonders beim mündlichen Sprachgebrauch bzw. beim Texteschreiben wichtig, jedoch erleichtern die Kenntnisse über Aufbau und Struktur von Sätzen auch den Leselernprozess.
Die pragmatische Bewusstheit ist notwendig, um den eigenen Sprachgebrauch zu gestalten, vor allem in der Kommunikation mit anderen. So muss beispielsweise auf die Verständlichkeit einer Mitteilung geachtet werden. Auswirkungen auf den Leselernprozess hat diese Vorläuferfähigkeit insofern, als sie z.B. hilft, dialogische Texte mit Sprecherwechsel oder verteilten Rollen zu verstehen und prosodisch zu gestalten.
Basiskompetenzen laut Lehrplan

Auszug aus dem aktuellen Lehrplan NRW:

„An die Vorläuferfähigkeiten anknüpfend, die Kinder vor Schuleintritt erworben haben, fördert der Deutschunterricht die Basiskompetenzen und entwickelt sie weiter.“ (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2021, S.11)

Welche Möglichkeiten zur Diagnostik gibt es?

Es gibt diverse Test- und Screeningverfahren, um die unterschiedlichen Vorläuferfähigkeiten zu erfassen. Häufig eignet sich dabei eine Kombination aus standardisiertem und nicht-standardisiertem Vorgehen, bspw. die eigene Beobachtung im Unterricht plus ein formelles Testverfahren. Es können folgende Fähigkeiten durch standardisierte Testverfahren überprüft werden:

  • Phonologische Bewusstheit (z.B. über Pseudowortsegmentierung oder Vokalersetzung): zum Material
  • Benennungsgeschwindigkeit
  • Wortbewusstheit
  • Dekodier- und Rekodierfähigkeit

Insbesondere die Überprüfung der BenennungsgeschwindigkeitBenennungsgeschwindigkeit
Die Benennungsgeschwindigkeit bezeichnet die Fähigkeit, (erstens) mehrere sichtbare Bilder oder Symbole möglichst schnell visuell zu..

ist relevant für das weitere Vorgehen.

Wichtig für die Praxis:

  • Vorschulische Screening-Verfahren sollten durchgeführt werden, um mögliche Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten identifizieren zu können.
  • In der Grundschule kann die Benennungsgeschwindigkeit anhand von Buchstaben und Zahlen erfasst werden.

Es wird getestet, wie die Zuordnung schriftlicher Symbole und Laute bzw. Lauteinheiten erfolgt, wie die Kinder also phonologische Repräsentationen aus dem Langzeitgedächtnis abrufen können.

Hinweis: In der Diagnostik werden den Kindern Bilder vertrauter Begriffe vorgelegt (Haus, Ball, Tisch) und es wird gemessen, wie schnell die Kinder diese benennen können. Kinder mit einer hohen Benennungsgeschwindigkeit fällt es leichter, Buchstaben in Laute umzuwandeln.

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Tabelle zu Diagnostikverfahren der Vorläuferfähigkeiten
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Empfehlungen von Diagnostikverfahren der Vorläuferfähigkeiten
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Beobachtungsbogen Vorläuferfähigkeiten

Welche Möglichkeiten zur Förderung gibt es?

Die Vorläuferfähigkeiten können durch alltagsintegrierte Übungen oder spezifische Förderprogramme gefördert werden. Spezifische Förderprogramme bestehen aus Übungen, die über einen festgelegten Zeitraum stattfinden.

Eine alltagsintegrierte Förderung hingegen bedeutet, dass einzelne Übungen flexibel eingesetzt werden. Die Übungen sollten an die Fähigkeiten der Kinder und deren Leistungsniveau angepasst werden. Ein hierarchischer Aufbau der Förderung aufbauend von der phonologischen Bewusstheit, über die Wortbewusstheit, syntaktische bis zur pragmatischen Bewusstheit sollte zusätzlich beachtet werden.

Für die Auswahl der Methoden kann die Methodensammlung VORLÄUFER-FOKUS verwendet werden. Diese dient der besonderen Unterstützung von Schülerinnen und Schülern im Erwerb und in der Förderung der Vorläuferfähigkeiten.

Diese Seite ist in enger Zusammenarbeit mit den Fachberatungen NRW entstanden.

Quellen

  • 1
    U.a. Küspert, P. & Schneider, W. (1999). Hören, lauschen, lernen, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen. Glück, C. W. & Theisel, A. (2014). Allgemeiner Überblick zum System der sonderpädagogischen Förder- und Bildungsangebote für sprachbeeinträchtigte Kinder in Deutschland. In M. Grohnfeldt (Ed.), Grundwissen der Sprachheilpädagogik und Logopädie (pp. 367–373). Stuttgart: Kohlhammer

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